Seit ich mich vor 22 Jahren Hals über Kopf in Land und Leute verliebte, ging mir Burma nicht mehr aus dem Sinn. Jede Hiobsbotschaft in den Nachrichten ließ mein Herz vor Bange für das Land erzittern, welches sich, vom Militär seit Jahrzehnten unterdrückt, so sehr nach Freiheit sehnt und doch stoisch auf seine Zeit wartet. Die ist nun mit den anstehenden Wahlen im November greifbar nahe, wenn nicht wieder dubiose Gesetze erlassen (nur Personen, die keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu Ausländern haben, können Präsident werden) werden oder die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi ein weiteres Mal unter Hausarrest gestellt wird. Die kleine zierliche Frau, die ihrem Volk eisern die Treue hält und aus Angst nicht mehr einreisen zu dürfen 1991 ihre Söhne nach Oslo sandte, um den Nobelpreis in Empfang zu nehmen, blieb auch im auferlegten Hausarrest, als ihr britischer Mann in Europa im Sterben lag.
In den letzten drei Jahren hat sich das Land immer mehr dem Tourismus geöffnet, wenngleich auch nicht alle Teile bereist werden dürfen. Nervös meine Jugendliebe wieder zu sehen, überschreiten wir die Brücke, die uns von Thailand nach Myanmar bringt. Sind es doch nur wenige Schritte, sie führen uns in eine Welt voller Charme, Anmut und Eleganz.
Ja, älter ist sie wohl geworden, oder doch eigentlich jugendlicher, in Anbetracht der Smartphones und Coca-Cola Dosen. Dennoch fühlt es sich wie eine Zeitreise an, wahrscheinlich auch gerade weil die Traditionen hier noch spürbarer, die Kultur authentischer ist. Ich könnte den ganzen Tag verweilen und dem Treiben zu sehen. Morgens, wenn der Markt zum Leben erwacht, laufen die Mönche barfuß mit ihren Bettelgefäßen durch die Straßen, Fahrräder vollgepackt mit Gemüse werden zum Stand geschoben, Eier zum Verkauf geputzt und Frauen balancieren Esswaren, wie gefüllten Tofu oder gekochte Maiskolben, graziös auf ihren Köpfen. Obwohl doch alle beschäftigt sind, ist es nicht laut, sodass eine beruhigende Gelassenheit in der Luft mitschwingt. Es ist wohl das respektvolle Miteinander, welches mit den Augen des Außenstehenden gesehen, jeden einzelnen Menschen würdig erscheinen lassen. Ist es da ein Wunder, dass man aus vollem Herzen dem Volk alles Gute und Frieden für die Zukunft wünscht?
Monthly Archives: Juli 2015
Hpa An
Nach der problemlosen Einreise, die Visa hatten wir uns schon in der Botschaft in Bangkok geholt, legen wir unsere ersten Kilometer in Myanmar zurück. Doch zuerst stellen wir die Uhr um eine halbe Stunde zurück. Umstellen müssen wir auch unser Verhalten im Straßenverkehr, denn zum ersten Mal seit acht Monaten fahren die Autos wieder auf der “richtigen” Seite.😊 Wobei die Fahrer unpassender Weise immer noch auf der “falschen” Seite sitzen. Bei unserer Fahrt wird auch gleich die Beifahrerin eingespannt, denn sie muss schauen, ob die Fahrbahn zum Überholen frei ist. Im Grenzbereich werden wir dann noch zwei Mal kontrolliert und auch Photos dürfen wir auf den ersten 50 km leider nicht machen. Dabei führt der Weg durch eine wunderschöne Landschaft aus grünen Reisfeldern, die durch mit Palmblättern bedeckte Hütten,
Buschwerk und Baumreihen unterbrochen und von den Bergen hintermalt wird. Da gerade Regenzeit ist, treten die Flüsse und Bäche überall über die Ufer.
Erst im März diesen Jahres wurde die neue Straße zur thailändischen Grenze eingeweiht. Auf der alten Piste herrschte eine tageweise Einbahnstraßenregelung, so dass die Ein- bzw. Ausreise über diesen Grenzpunkt nur an jedem zweiten Tag möglich war. Ein weiterer Vorteil ist die nun auch um einige Stunden verkürzte Reisezeit. Während dieser kauft uns das Mädchen, welches neben der Fahrt zwischen uns sitzt, überraschenderweise eingelegte Mangos und Sonnenblumkerne für unterwegs.
Hpa An ist die Hauptstadt der Karen Provinz, die hauptsächlich durch die Bevölkerungsgruppe der “Giraffenhalsfrauen” (Padaung) bekannt ist. Wie auch das Volk der Rohingya aus dem Nordwesten, werden die Karens unterdrückt, was die erhöhte Militarpräsenz und das Photoverbot auf unserem Weg erklärt. Die Konflikte zwischen Minderheiten und der Armee sind auch der Grund, warum nur wenige Grenzübergänge zwischen Thailand und Myanmar frei bzw. an den Rest des Landes angebunden sind. Grund zur Sorge besteht aber nicht, denn diese Bezirke sind für Reisende nicht zugänglich und auf normalen Wegen nicht erreichbar.
Mit dem Überschreiten des Grenzflusses sind wir fast in eine andere Welt eingetreten. Die Männer und Frauen in Longis (Wickelröcke) gekleidet, tragen sich Paste aus zerriebener Thanaka Borke auf die Wangen auf und auch von den Gesichtszügen sehen sie den Thais überhaupt nicht mehr ähnlich.
Auch in den Orten ist vieles anders. An Häusern, Stromleitungen, Straßen, einfach an allem sieht man, dass Myanmar nach den Jahrzehnten der Isolation zu einem der ärmsten Ländern der Welt gehört und nur langsam den wirtschaftlichen Aufschwung bewältigt. Aller Widrigkeiten zum Trotz sind die Menschen sehr freundlich und nett. Auf dem Markt dürfen wir noch nicht einmal die Tomaten, Zwiebeln und den Knoblauch bezahlen.
Dort versorgen wir uns auch mit Rambutan, Ananas
und mit Röstzwiebeln gefüllten Tofu.
Gegenüber befindet sich die rosa Moschee
und direkt daneben der Eingang zu einem buddhistischen Tempel.
Weiter unten am Flussufer
entdecken wir noch eine Pagoda.
Sukhothai
Vor Ayutthaya war im 13. und 14. Jahrhundert Sukhothai die Hauptstadt des ersten siamesischen Königreichs, das sich von der Herrschaft der Khmer unabhängig machen konnte. Nach etwa 120 Jahren wurde Sukhothai jedoch vom aufstrebenden Königreich Ayutthaya abgelöst und somit auch die Hauptstadt verlegt.
Rund 450 Kilometer nördlich von Bangkok gelegen, geht es hier wesentlich ruhiger und ländlicher zu.
Innerhalb und außerhalb der alten Stadtmauern, dem heutigen Geschichtspark, befinden sich an die 200 Tempelruinen aus der Zeit der Stadtgründung.
Im Zentrum des Parks steht der Wat Mahatat, der der zentrale und wichtigste Tempel des Königreiches war. Hier sind im Gegensatz zu Ayutthaya viele Buddhastatuen erhalten geblieben.
Der Baubeginn des Wat Sri Sawai reicht in die Zeit vor dem Königreich Sukhothai zurück und stammt noch von den Khmer, die zu dieser Zeit noch nicht vom Hinduismus zum Buddhismus konvertiert waren. Erst im 15. Jahrhundert wurde der Bau beendet und den Ansprüchen des Buddhismus angepasst.
Auf einer Insel in dem zum Park gehörenden See liegt Wat Sa Si,
welches zum Teil im ceylonesischen Stil erbaut wurde.
Der Sockel des Chedis von Wat Sorasak ist mit einer Reihe von Elefanten verziert,
die restauriert wurden.
Im Wat Si Chum befindet sich ein riesiger sitzender Buddha. Die Statue ist 11 Meter breit und 15 Meter hoch. Es scheint so, als ob er durch die schmale Öffnung der drei Meter dicken Mauern nach draußen spähen würde.
Wat Traphang Thong ist der einzige Tempel in der alten Stadt, in dem heute noch eine aktive Mönchsgemeinde lebt.
Wir haben Glück und kommen dort gerade rechtzeitig vorbei, um uns einen Festumzug anschauen zu können.
Leuchtende Tage – nicht weinen, weil sie vorüber, sondern lächeln, dass sie gewesen. Rabindranäth Tagore
Ayutthaya war einst Hauptstadt und Machtzentrum des Königreichs Siam. Im Jahre 1350 wurde die Stadt von König Uthong auf einer Insel am Zusammenfluss von drei Flüssen gegründet. Zu der Zeit lag Ayutthaya noch in der Nähe des Golfes von Siam. Doch durch die Sedimentbildung der letzten Jahrhunderte liegt es mittlerweile hundert Kilometer weit im Inland.
Die fruchtbare Tiefebene und der Handel mit zahlreichen Ländern Asiens und Europas brachte der Stadt in ihrer Blütezeit erheblichen Reichtum ein. Es entstanden drei Paläste, 375 Tempelanlagen und 94 Stadttore, die von 29 Forts geschützt wurden. Die Einwohnerzahl wuchs im 18. Jahrhundert auf über eine Million Siamesen an und machte die Stadt zur größten weltweit. Europäer und Chinesen wohnten in eigenen Vierteln, wo sie Kirchen und Tempel erbauten.
Nach mehreren Belagerungen gelang den Burmesen trotz der aufwendigen Verteidigungsanlagen die Eroberung der Stadt, die sich von der Plünderung und der fast vollständigen Zerstörung nicht wieder erholte.
15 Jahre nach der Niederlage gründete König Rama I. 78 km flussabwärts die neue Hauptstadt Bangkok. Für deren Palastbauten wurden teilweise alte Steine der Ruinen aus Ayutthaya wiederverwendet.
Der größte Tempel ist der 1448 erbaute Wat Phra Si Sanphet, in dessen drei riesigen Chedis die Asche der Könige aufbewahrt wird. Die Anlage wurde nur von den Königsfamilien für religiöse Zeremonien genutzt. Einst stand dort eine 16 m hoher Buddha, der mit 340 kg Gold bedeckt war.
Direkt daneben befindet sich das 1956 rekonstruierte Viharn Phra Mongkol Bophit
mit seinem Bronze Buddha aus dem 15 Jahrhundert.
Eine Version der thailändischen Geschichte besagt, dass der Wat Ratchaburana von König Borommaracha II. gebaut wurde, um die Asche seiner beiden älteren Brüder aufzunehmen. Diese hatten sich bei einem Elefantenduell im Kampf um den Thron gegenseitig getötet.
In dem Prang, dem hohen Turm eines Wats, befinden sich in der Krypta historische Wandmalereien.
Während einer Flutkatastrophe im Jahre 2011 wurde Wat Ratchaburana stark in Mitleidenschaft gezogen. Gemeinsam mit der Fachhochschule Köln wird seitdem an Konzepten zur Erhaltung der Stuckarbeiten gearbeitet.
Anhand des Modells lassen sich die imposanten Dimensionen erahnen.
Wat Mahathat gehörte einst zu den vier wichtigsten Tempeln in Siam und beinhaltete enorme Reichtümer, mit denen angeblich ein ruiniertes Königreich hätte saniert werden können.
Den burmanischen Angriff überstanden die Tempelanlagen teilweise unbeschadet. Der 56 Meter hohe Prang, der heute nur noch ein ziemlich beeindruckender Ziegelhaufen ist, stürzte erst im Jahr 1911 ein.
Hier kann man gut sehen, wie die Natur sich ohne Einwirkung des Menschen die Bauwerke zurückerobern würde. Ein beliebtes Photomotiv ist der Kopf einer Buddhastatue, der von den Luftwurzeln eines Bodhibaums umschlossen ist.
Am Wat Thammikarat entdecken wir eine Ruine, die von 52 Löwenstatuen (Singhas) umsäumt wird.
König Ramesuan ließ das Wat Phra Ram an dem Platz errichten, wo sein Vater Uthong, der Stadtgünder, eingeäschert wurde.
Wat Na Phra Men ist eine der wenigen Tempelanlagen, die den verheerenden Angriff der Burmesen unbeschadet überstanden haben. Laut der Geschichte soll bei einer früheren Belagerung der burmesische König beim Abfeuern einer Kanone tötlich verletzt worden sein. Beim späteren Angriff mieden die Burmesen den Tempel aus Angst vor ihrem getöteten König und Wat Na Phra Men blieb das Schicksal der restlichen Stadt erspart.
Neben einer vergoldeten Buddhastatue gehört zu dem Tempel auch ein im europäischen Sitz dargestellter Buddha aus dunkelgrünem Quarzit.
Auf dem Klostergelände wächst auf einem der drei Chedis ein Bodhi Baum.
Heute ebenfalls noch genutzt wird das Wat Senasanaram (Wat Sua). Neben dem grossen liegenden Buddha
beeindruckt uns der Stehende, denn er hält einen kleinen Buddha im Arm.
Auch die Wand- und Decken Bemalungen sind wunderschön.
Um zu allen Sehenswürdigkeiten zu gelangen mietet man sich eines der Tuk-Tuks, Rikschas oder Fahrräder, wenn man nicht wie wir stundenlang spazieren gehen möchte.