Der tägliche Andrang bei den indischen Zügen würde in Deutschland wohl nur eintreten, wenn in allen Bundesländern zur gleichen Zeit Sommer- und Weihnachtsferien beginnen.
Die erste Herausforderung beginnt mit dem Erreichen des Bahnsteiges, wenn gerade die Passagiere von zwei angekommenen Zügen über die Fußgängerbrücke uns entgegen strömen. Da sind Rucksack und Tasche von Nutzen, die vorne und hinten als Stoßstange und Rammschutz dienen.
Fährt dann der Zug ein muß man alle Disziplin und Hemmungen für ein paar Minuten fallen lassen und mit rugbyähnlichen Körpereinsatz den Zug erobern.
Die so stattfindende natürliche Auslese bestimmt, wer einen Sitzplatz bekommt und wer stehen oder in den Gängen sitzen muß.
Wir haben Glück und den Vorteil der längeren Arme beim Einsteigen und bekommen immerhin noch einen Platz auf den oberen Pritschen der Schlafwagen-Klasse.
So wie die ganze Infrastruktur des Landes kämpft auch die indische Eisenbahn mit der wachsenden Bevölkerung und der steigenden Anzahl der Passagiere, die mit dem steigenden Wohlstand zunimmt.
Im Minutentakt kommt einer der fliegenden Händler durch den Wagen und sorgt dafür, dass niemand verhungert oder verdurstet. Es gibt Wasser, Tchai, Kaffee, alle möglichen Snacks, Obst und Süßigkeiten.
Und wenn der Zug an einem Bahnhof hält werden die Fenster von weiteren Verkäufern gestürmt, die Ihre Waren von draußen anbieten. Manche von ihnen sind noch mitten im Verkauf, wenn der Zug schon am Rollen ist.
Dem ganzen Trubel im Zug entkommt man am besten bei einem kleinen Nickerchen.
Auch bei einer Zugfahrt über Nacht wird die Körperpflege nicht vernachläsdigt. Morgens werden als erstes die Zähne geputzt und spätestens vor dem Aussteigen die Haare gemacht.